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Jeder Tag, den wir verlieren

Sehr viel Zeit ist vertan worden: Verzweifelt lange hat es gedauert, bis sich eine Mehrheit der Menschen - auch der Intellektuellen - gedanklich dafür geöffnet hat, dass die schon seit Jahrzehnten angekündigte Klimakatastrophe kein Hirngespinst ist.
 

Es geht nun darum, nicht zu resignieren (oder gar zynisch zu werden), sondern alle Anstrengung auf die Entstehung eines weltweiten Konsenses darüber zu konzentrieren, dass die globale Energieversorgung so schnell wie möglich umgestellt werden muss.
 

Nach dem UNO-Weltklimabericht vom Februar 2007 bleibt der Menschheit höchstens Zeit bis 2020, um die energiepolitischen Weichen so zu stellen, dass sich die Folgen des Klimawandels in noch halbwegs beherrschbaren Dimensionen halten. Das sind weniger als 5000 Tage, die uns bleiben, die Energiewende zu realisieren. Die Annahme, dass eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten die Lebensgrundlage verlieren werden, wenn sich das Klima um vier, fünf oder sechs Grad aufheizen sollte, diese Annahme ist sicher nicht übertrieben. Der Einfachheit halber eine lineare Kurve der Folgenentwicklung angenommen bedeutet das rund hunderttausend Menschenleben mit jedem halben Tag des Nicht-Handelns.
 

Sind Sie diesem Gedanken gegenüber offen? Einmal angenommen, es würde Ihnen klar, dass Sie in der Lage sind, die globale Bewusstseinsentwicklung um eine bestimmte Zeit - vielleicht um einige Minuten, vielleicht um eine Stunde, vielleicht um einen Tag - zu beschleunigen: Wie würden Sie reagieren? Wären Sie bereit, einige Stunden oder Tage Ihres Lebens in den allgemeinen Bewusstseinsprozess - von dem alles abhängen wird - zu investieren?
 

Rund eine Million Menschenleben alle fünf Tage, in denen nicht gehandelt und in denen nicht die richtigen Weichen gestellt werden - das ist nur eine Überschlagsrechnung.

Die gleichwohl Sinn macht, weil sie den Blick darauf freigibt, in welcher Lage wir sind.
 

In der Soziologie heißt es, wenn sich in einer politischen Frage zugunsten einer bestimmten Antwort eine kritische Masse von mitdenkenden Menschen ausbildet, dann wird diese Antwort sich durchsetzen. Wären Sie bereit, zu dieser kritischen Masse des Denkens Ihren Beitrag zu leisten - im Bewusstsein, dass Ihre Stimme eine entscheidende Stimme ist?
 

Die Hoffnung, die bleibt, ist, dass sich binnen kurzer Zeit das Bewusstsein dafür Bahn bricht, dass es zu der technisch zweifelsfrei möglichen Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien schnellstmöglich kommen muss. Die Menschheit befindet sich in Bezug auf den Klimawandel in einem Rennen gegen die Zeit: in einem Wettlauf mit der Zeit, in dem es darum geht, jedes Hunderstel Grad Erderwärmung zu vermeiden, das sich vermeiden läßt - weil jeder Bruchteil eines Grades für Millionen Menschen auf der Welt eine Katastrophe bedeuten wird.
 

Gestatten Sie sich einen Blick auf sich selbst? Von Tucholsky stammt der Satz, dass nichts auf der Welt schwerer sei und mehr Charakter erfordere, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu stellen und Nein zu sagen. Darin hat er sich geirrt. Es gibt noch etwas anderes. Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als das: die eigenen Fehler und die eigenen Denkfehler einzugestehen.
 

Sind Sie bereit, das Versagen unserer Zivilisation einzuräumen - das wir alle gemeinsam zu verantworten haben?
 

Und wären Sie bereit, den Bewusstseinsprozess - von dem alles abhängen wird - im Rahmen Ihrer Möglichkeiten aktiv mitzugestalten?