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An die Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung


 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ohne Zweifel befindet sich in der Klimafrage die Menschheit in einem Rennen gegen die Zeit, und es ist sicherlich nicht falsch zu sagen, dass jeder Tag, den wir dabei gewinnen oder verlieren, von entscheidender Bedeutung sein kann. Oder um es anders anzugehen: Jedes hunderstel oder zehntel Grad Erderwärmung wird das Schicksal von Hunderttausenden oder von Millionen Menschen einschneidend verändern.

Derzeit wirbt der Fernsehsender ntv (mit der Bildmontage eines unter Wasser stehenden Brandenburger Tors) mit der Frage Wohin treibt uns der Klimawandel? In diesem Ansatz spiegelt sich eine falsche Perspektive. Eine solche Sicht suggeriert, dass das Geschehen schicksalhaft über uns kommen wird. Die sich anbahnende Klimakatastrophe ist aber nicht einfach ein Verhängnis. Vielmehr ist die Entwicklung das Ergebnis der Entscheidungen, die wir selbst treffen.
 

In seiner Denkschrift Jenseits von Kohle und Atom legt Hermann Scheer dar, dass in Deutschland innerhalb von fünfzehn Jahren ein Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung von 60% bis 80% erreichbar ist, und dass es dann zu einer Vollversorgung mit regenerativen Energien innerhalb von gut drei Jahrzehnten kommen kann - vorausgesetzt, der politische Wille dazu ist vorhanden.
 

Ob die Chance, die wir als Menschheit heute noch haben, genutzt werden wird, (ob sich die Energiewende noch rechtzeitig vollziehen wird,) das ist keine technologische Frage. Es ist eine Frage des Bewusstseinsprozesses - an dem wir alle beteiligt sind.

Vor diesem Hintergrund die folgende Frage: Wie denken Sie über den Vorschlag, eine eigene Seite für Nachrichten und Kommentare zum Thema Klimawandel und Energiewende in Ihrer Zeitung einzurichten?   

An Material dafür würde kein Mangel sein. Das Klimaproblem ist ja nicht eines unter vielen anderen, mit denen sich die Welt nun einmal herumzuschlagen hat, sondern es ist ein Schlüssel- problem. (Zu denken ist unter anderem an die der Wirtschaft drohenden Schäden, wie sie Nicholas Stern angesprochen hat, an die absehbaren Migrationsbewegungen oder an die sich anbahnenden globalen, möglicherweise kriegerischen Konflikte um die konventionellen Energieträger.)

Gut zu integrieren wäre auf dieser Seite auch eine permanente internationale Presseschau, um die Bewusstseinsentwicklung in dieser entscheidenden Frage widerzuspiegeln.
 

Erlauben Sie dazu noch zwei Überlegungen.

  • In Kriegszeiten würden alle Medien vom Kriegsgeschehen und von der Frage nach dem Ausgang dieses Krieges beherrscht. Lester Brown spricht mit Blick auf den Kampf gegen den Klimawandel davon, dass wir eine Mobilisierung wie in Kriegszeiten brauchen, um die große Katastrophe (eine Erderwärmung um drei oder gar vier oder fünf oder sechs Grad) zu verhindern. Und genau so verhält es sich ja: Die Menschheit steht in einem Krieg - in einem Kampf gegen die eigene Bewusstlosigkeit, gegen die herrschende Ignoranz und Teilnahmslosigkeit.
  • Der Sport bekommt in den meisten Zeitungen mehr als nur eine Seite eingeräumt. Welches Argument spräche dagegen, zumindest eine Seite der Schlüsselfrage der Zukunft zu widmen? 

 

Mit der Einrichtung einer solchen Seite würden Sie den Bewusstseinsprozess - von dem alles abhängen wird - maßgeblich voranbringen, auch deswegen, weil so manche Zeitung dem Vorbild sicher folgen würde.
 

Wäre diese Neuerung denkbar für Sie?  
 

Mit freundlichen Grüßen